Samstag, 19. Dezember 2015

Vitamin D - Licht ins Dunkel

Enährungswissen(7)

Vitamin D-Mangel ist keinesfalls ein Problem veganer Lebensweise, sondern eher eine Auswirkung des Lebens in nördlichen Breiten.
Entgegen zurückliegender wissenschaftlicher Ansichten weiß man heute, Vitamin D ist kein Vitamin im eigentlichen Sinn, sondern es ist ein Hormon aus der Gruppe der Steroide. Dass Vitamin D wichtig für einen gesunden Knochenstoffwechsel ist hat sich weit herumgesprochen. Dass Vitamin D nahezu zweitausend Gene mit kontrolliert und an mehr als 200 lebensnotwendigen Regulationsprozessen beteiligt ist, ahnt kaum jemand.
Kein Organ und kein Gewebe kann ohne Vitamin D störungsfrei funktionieren. Von besonderer Bedeutung ist Vitamin D für das Verdauungssystem und den Kalziumstoffwechsel, für Nervenzellen, das Immunsystem, das Drüsenensystem einschließlich Bauchspeicheldrüse, Keimdrüsen, Brustdrüse und Prostata sowie für die Muskulatur und unsere Schlagadern. Es stärkt offenbar nicht nur die Infekt- sondern auch die Krebsabwehr, und es ist wohl beteiligt u.a. am Schutz vor Allergie, Autoimmunerkrankungen, MS, Diabetes, Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall, Gefäßverkalkung, männlicher Unfruchtbarkeit, Erschöpfung, Burnout und Demenz. Die aktuellen Forschungen werden bald schon mehr Antworten geben können.

Anders als bei den "echten" Vitaminen können wir es nicht ausreichend mit der Nahrung aufnehmen. Maximal zehn Prozent des Bedarfes lassen sich mit der Nahrungsaufnahme decken. Nennenswerte Mengen von pflanzlichem Vitamin D finden sich lediglich in  Avocados und Pilzen, vor allem in Champignons. Derzeit wird erforscht, ob man den Vitamin D-Gehalt durch Trocknung der Pilze unter Sonnenlicht oder UV-Lampen erhöhen kann. Vieles deutet darauf hin, denn in den Kappen der Pilze läuft offenbar die gleiche photochemische Reaktion ab wie in der menschlichen Haut. Zur Zeit brauchen wir es noch nicht zu versuchen, den Bedarf über die Nahrung zu decken, es scheint kaum möglich. Mindestens 90 % unseres Vitamin D bilden wir über drei Stufen in Haut, Leber und in den Nieren. Der alles limitierende Schritt ist der erste, welcher unter Einwirkung von UV-B-Strahlung (290-315 Nanometer Wellenlänge) in der Haut stattfindet.

Nördlich des 45. Breitengrades (entspricht dem südlichen Alpenrand) ist eine ausreichende Belichtung der Haut von Oktober bis März wegen zu schwacher Sonnenintensität und zu niedrigen Außentemperaturen nicht mehr zu realisieren. Die DEVID-Studie* von Prof. J.D. Ringe von der Universität Köln zeigte 2010 an 1340 Probanden dass 74 % der Untersuchten  zwischen März und Mai einen deutlichen bis schweren Mangel an Vitamin D aufwiesen. Nur 8 % zeigten eine ausreichende Versorgung. Andere Studien belegen eine signifikant niedrigere Sterblichkeit an Krebs-, Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen unter ausreichender Vitamin D-Versorgung**. Wie oben bereits angedeutet, kann man annehmen, dass ein Mangel an Vitamin D die Entstehung nahezu jeder Krankheit begünstig.

Was ist zu tun? Von regelmäßigen Solariumbesuchen rate ich dringend ab! Zwar zeigt eine dänische Studie aus 2012*** dass mit einem Solariumbesuch in  zweiwöchigem Abstand ein ausreichender Vitamin D-Spiegel im Winter aufrecht erhalten werden kann, gleichzeitig gelten unverändert die dringenden Warnungen von WHO**** und  Strahlenschutzkommission (SSK), des Institutes für umweltmedizinische Forschung (IUF) und der Deutschen Krebshilfe. Warum das Hautkrebsrisiko in Solarien deutlich höher zu sein scheint als bei natürlicher Sonneneinstrahlung konnte bisher nicht eindeutig geklärt werden. 

Es existieren wohl auch gewisse Speicherkapazitäten, von denen wir im Winter zehren können. Ich habe mich allerdings dazu entschlossen, von Oktober bis März drei mal in der Woche eine Kapsel "Vitamin D2 vegan"  von Dr. Wolz einzunehmen (1000 I.E.=25 Mikrogramm). Ich führe mir damit eine Vitamin D-Vorstufe zu, aus der meine Nieren so viel aktives Vitamin D3 produzieren, wie mein Körper benötigt. Offizielle Empfehlungen tendieren dazu, von Herbst bis Frühjahr 800 bis 1000 I.E. Vitamin D3  täglich bzw. 5000 bis 6000 I.E. wöchentlich einzunehmen. Allerdings sind Aufnahme und Speicherung individuell verschieden. Eine sichere Auskunft über eure Vitamin D-Versorgung erhaltet ihr nur mit dem Laborwert 25-OH-Vitamin D. Von einer guten Versorgung spricht man bei Werten von mehr als 30 Nanogramm / Milliliter. Die Bestimmung anderer D-Vitamine im Blut sagt nicht viel aus! Die Bestimmung von 25-OH-D kostet 32,18 € nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Fragt bei eurer gesetzlichen Krankenkasse nach, ob sie die Untersuchung für Veganer übernimmt. Private Krankenversicherer erstatten üblicherweise die Kosten.

Man fragt sich natürlich, wie die Menschheit Jahrtausende ohne Vitamin D-Kapseln überleben konnte. Einerseits waren da sicher die Fettfische und Fischtrane womit im Norden und in Meeresnähe viele Menschen ihre Nahrung ergänzt haben. Auch Eier und Milchprodukte enthalten geringe Mengen Vitamin D. Andererseits dürfen wir nicht vergessen, dass um das Jahr 1800 die durchschnittliche Lebenserwartung von Männern 34 Jahre und von Frauen 38 Jahre betrug. Der Lebertran und seine medizinische Wirkung wurde 1824 entdeckt. Und auch um das Jahr 1900 noch lag die durchschnittliche Lebenserwartung  von Männern dann bei 45 und von Frauen bei 48 Jahren.

Ich freue mich jedenfalls jetzt schon wieder auf den Frühling. Ab März reicht es dann wieder aus, im Durchschnitt ein mal täglich mindestens 18 % der Köperoberfläche (entspricht Händen, Armen und Gesicht) für 15 bis 30 Minuten dem Sonnenlicht auszusetzen. Bei bedeckten Himmel länger. Menschen mit sehr heller Haut kürzer und mit dunkler oder bereits gebräunter Haut ggf. länger. Eine sichere Regel gibt es wie bei den Tabletten nicht. Zu einer Rötung der Haut soll es nicht kommen, erst recht nicht zum Sonnenbrand! Lange Sonnenbäder zu nehmen unter Verwendung von Sonnenschutzmitteln ist absolut irrsinnig und gefährlich!  Bewegung unter freiem Himmel ist immer gesund, und sobald die Außentemperatur es zulässt: Kurze Ärmel und kurze Hosen! So kommt Licht ins Dunkel und Vitamin D in unseren Körper.



  

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